Freisinger Amtsbücher

Traditionscodex des Conradus Sacrista

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Bischofsminiaturen aus der Handschrift des Conradus Sacrista

Bischofsminiaturen aus der Handschrift des Conradus Sacrista

SignaturSignature BayHStA Hochstift Freising Archiv 3

(alte Signatur: HL Freising 3c)

DatierungDate 1187
OrtPlace Freising
DigitalisatDigital copy bavarikon
BSB

Dieser Codex stellt nach dem Cozroh-Codex und dem Codex Commutationum das dritte bedeutende Freisinger Traditionsbuch dar. Die 1187 durch Conradus Sacrista angelegte Handschrift ist reich illuminiert und nimmt unter den Traditionsbüchern des bayrischen Raums eine Sonderstellung ein, da ihr Verfasser mit ihr eine Bistumsgeschichte in Dokumenten und Bildern schaffen wollte.


Die großformatige und reich illuminierte Handschrift wurde im Jahr 1187 im Freisinger Skriptorium unter der Leitung und nach dem Konzept des Conradus Sacrista angelegt. Der in zwei Spalten geschriebene Text enthält von fol. 1 bis fol. 121 die Bistumsgeschichte Freisings in Dokumenten, beginnend mit dem hl. Korbinian und endend mit der Amtszeit Ottos I., (1137-1158), des berühmten Geschichtsschreibers, und seines Nachfolgers Albert I. von Harthausen (1158-1184).

Aufbau der Handschrift

Das einheitlich und planvoll aufgebaute Werk ist im ersten Teil (fol. 1-96) eine Kopie der von den Bischöfen erworbenen Traditionen an Freising, welche für die Frühzeit einschließlich der Amtszeit Bischof Hittos (811-835) von fol. 1-79v dem Kopialbuch des Cozroh (Hochstift Freising Archiv 1) folgt. Überhaupt scheint Cozrohs Werk für Conradus Sacrista vorbildlich gewesen zu sein, wie sein ausführlicher Prolog vermuten lässt. Deutlich wird allerdings auch, dass Conradus die Traditionen der Zeit Bischof Erchanberts (836-854) in Cozrohs Werk nicht als dritten Teil dieses Kopialbuchs verstand, sondern sie vielmehr in chronologisch falscher Reihung erst nach den Traditionen der für die Tauschgeschäfte wichtigen Bischofszeit Annos (855-875) kopierte.

Das Versiegen der Traditionsurkunden als Dokumente der Bistumsgeschichte zur Zeit Bischof Arnolds (875-883) wird vom Autor auf fol. 96v kommentierend erwähnt und dadurch ein Methodenwechsel angekündigt, der den zweiten Teil der Handschrift prägt: Bereits die Bischofszeit Waldos (883-903) auf fol. 97 - 100 enhält Kopien von Königs- und Kaiserdiplomen, beginnend mit einer Urkunde Ludwigs des Kindes aus dem Jahr 906. Diese Dokumente bilden nun den Kern der Texte. Sie sind optisch gut erkennbar durch imitierte Herrschermonogramme in den Spatien der Textkolumnen.

Nach der Geschichtstheorie des Conradus lösen damit die Verdienste der Bischöfe durch den Erwerb von Herrscherprivilegien den Schenkungsmodus des bayerischen Hochadels ab. Dies wird besonders deutlich in der Darstellung Bischof Egilberts (1006-1039). Weil Egilbert mit dem letzten Ottonenkaiser eine Freundschaft verband und er vom salischen Herrscherpaar als Erzieher Heinrichs III., des Thronfolgers und bayerischen Herzogs, eingesetzt wurde, belohnten Heinrich II. und dessen Nachfolger Konrad II. seine Leistungen mit zahlreichen Privilegien für Freising. Deshalb schließt Conradus seine Darstellung der Amtszeit Egilberts mit einem eigens angefertigten Verzeichnis der damals erworbenen Herrscherprivilegien ab (fol. 111).

Illuminationen. Nachträge

Die Illuminationen am Beginn der Textsequenzen sind meist paarweise angeordnete Medaillons mit den Brustbildern der amtierenden Bischöfe und Herrscher. Sie visualisieren Reichsdienst und Königsschutz. Es finden sich aber auch einige Ganzkörperdarstellungen im Codex, so die des Bischof Abraham (957-994) im Ornat mit Stola und Krümme (fol. 102v), sowie von Herrschern auf dem Reisethron. Die Auszeichnung erfolgte in übergroßen Initialen und Textüberschriften am Rand in Ziegelrot. Das Vorblatt am Codexanfang mit den Medaillons der Freisinger Bischöfe bildet zusammen mit den Nachblättern von fol. 121v-122 einen stauferzeitlichen Rahmen der Handschrift, welcher am Beginn des 13. Jahrhunderts mit anderer Farbigkeit entstand. Es schließen sich ein Totenbuch des 14. Jahrhunderts an (fol. 123-124) sowie Nachträge des 15. Jahrhunderts (fol. 124-125).

Rezeption und Bedeutung

Der Codex weist kaum neuzeitliche Benutzerspuren auf, da er weder von Karl Meichelbeck noch von Theodor Bitterauf für ihre Editionen intensiv herangezogen wurde. Er stellt unter den am Ende des 12. Jahrhunderts im bayerischen Raum entstandenen Traditionsbüchern ein Unikat dar aufgrund der Intention des Verfassers, eine Bistumsgeschichte nach Dokumenten und Bildern zu schaffen. Hinsichtlich der Person des Conradus Sacrista sei auf die biographische Skizze von Joachim Wild verwiesen.

Die überlieferten Urkunden sind in der Edition der Freisinger Traditionen von Theodor Bitterauf enthalten, der die Handschrift auch beschrieben hat (Einleitung S. XXII-XXV). In der Edition erhielt die Handschrift die Sigle A', um ihre Abhängigkeit vom Cozroh-Codex zu verdeutlichen. Die chronikalischen Notizen enthält die Edition der MGH (MGH SS 24, 318-328).

Adelheid Krah (IÖG, Universität Wien)


Literatur

  • Krah, Adelheid, Verwaltung und Repräsentation: Freisinger Fernbesitz zwischen Bischofsherrschaft, Königen und Kaisern, den Herzögen von Österreich und der böhmischen Krone, in: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 60 (2020) S. 33-144.
  • Maß, Joseph, Das Bistum Freising im Mittelalter (Geschichte des Erzbistums München und Freising 1) München 1986.
  • Stockmeier, Peter, Das Bistum Freising in der Geschichtsschreibung. In: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 36, 1985, 9-28.
  • Wild, Joachim, Conradus Sacrista und die Geschichtsschreibung des Bistums Freising im 12. Jahrhundert. In: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 45, 2000, 19-38.

Zitierhinweis

Adelheid Krah: Traditionscodex des Conradus Sacrista (Hochstift Freising Archiv 3), Digitale Edition, in: Freisinger Amtsbücher; URL: https://freisingeramtsbuecher.bavarikon.de/Handschriften/Traditionscodex des Conradus Sacrista (17. Mai 2024).

This large and rich manuscript was assembled in the year 1187 in the Freising scriptorium under the leadership and according to the conception of Conrad Sacristan. The codex, which was written in two parts, contains from fol. 1 to fol. 121 a history of the see of Freising, beginning with St. Corbinian and ending with the tenure of Otto of Freising (1137-1158), the diocese's most celebrated historian, and his successor Albert I. of Harthausen (1158-1184).

This coherently and systematically constructed work is in its first part (fol. 1-96) a copy of the bishops' property acquisitions to Freising, which for the early period follows from fol. 1-79v the Kopialbuch of Cozroh (Hochstift Freising Archiv 1) through the tenure of Hitto (811-835). Generally, Cozroh's work appears to have been a model for Conrad Sacristan, as one might infer from his introductory prologue. However, it also becomes clear, that Conrad understood the property conveyances to Freising during the time of Bishop Erchanbert (836-854) in Cozroh's work not as a third section of the Kopialbuch, but rather copied them in a chronologically incorrect sequence among the conveyances of the tenure of Bishop Anno (855-875), which was marked by property exchanges. The drying up of donation charters as documents for the diocese's history during the time of Bishop Arnold (875-883) is mentioned on fol. 96v by Conrad, who announces a change in method, which characterizes the second part of the manuscript: the tenure of Waldo (883-903) on fol. 97-100 contains copies of royal and imperial diplomas, beginning with a charter of Louis the Child from the year 906. These documents now form the core texts and have been made visibly recognizable with the reproduction of the rulers' monograms in the text columns.

According to Conrad's theory of history, the dues owed to the bishops established through the acquisition of royal privileges take precedence over those acquired through the donations of the Bavarian aristocracy. This is especially clear in the depiction of Bishop Egilbert (1006-1039). Because Egilbert was bound in friendship to the last Ottonian emperor and was appointed as the tutor of Henry III, duke of Bavaria and successor to the throne, emperors Henry II and Conrad II rewarded his work with numerous privileges for Freising. Consequently, Conrad concluded his representation of Engilbert's tenure with its own list of the royal privileges acquired at that time (fol. 111).

The illuminations at the beginning of the text sequence are mostly medallions with busts of the reigning bishops and rulers. Ordered in pairs, they visually represent imperial service and royal protection. However there are also some full-body depictions in the codex, such as that of Bishop Abraham in vestments with stole and crook (fol. 102v), as well as rulers on a itinerate throne. The labeling ensues in oversized initials and text headings at the border in brick red. The fore-page at the beginning of the codex, with the medallions of the Freising bishops, forms together with the closing pages from fol. 121v-122 a Staufer-era framing of the manuscript, which arose at the beginning of the thirteenth century with different coloring. They are followed by a death-list dating from the 14th century (fol. 123-124) and some addenda dating from the 15th century (fol. 124-125).

The codex shows hardly any traces of use in the modern era, for neither Karl Meichelbeck nor Theodor Bitterauf drew upon it intensively for their editions. Among the libri traditionum that arose at the end of the twelfth century in the Bavarian region, it represents a unique document, by which the author intended to create a diocesan history in documents and figures. With respect to the person of Conrad Sacristan, one may refer to the biographical sketch by Joachim Wild.

All documents found in the codex were published by Theodor Bitterauf in his Edition. He also provided a detailed description of the codex (Introduction, pp. XXII-XXV). In his work named the codex the key A', to show its dependence with regards to content to the work of Cozroh. The chronical parts of the codex can be found in the edition of the MGH.

Adelheid Krah (IÖG, Universität Wien)
Translated by Hans Hummer (Wayne State University)

Literature

  • Maß, Joseph, Das Bistum Freising im Mittelalter (Geschichte des Erzbistums München und Freising 1) München 1986.
  • Stockmeier, Peter, Das Bistum Freising in der Geschichtsschreibung. In: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 36, 1985, 9-28.
  • Wild, Joachim, Conradus Sacrista und die Geschichtsschreibung des Bistums Freising im 12. Jahrhundert. In: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 45, 2000, 19-38.

Cite reference

Adelheid Krah: Codex of Conrad Sacristan (Hochstift Freising Archiv 6), digital edition, in: Freisinger Amtsbücher; URL: https://freisingeramtsbuecher.bavarikon.de/Handschriften/Traditionscodex des Conradus Sacrista (17. Mai 2024).