Freisinger Amtsbücher

Liber censualium des Freisinger Domkapitels - Einleitung

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Liber censualium: fol.2

Liber censualium: fol.2

SignaturSignature BayHStA Hochstift Freising Archiv 4
DatierungDate 1187
OrtPlace Freising
DigitalisatDigital copy bavarikon

1. Materialien

Der Codex Hochstift Freising Archiv 4 enthält verschiedene Gruppen von Dokumenten, die alle im Zusammenhang mit der Anlage eines Registerbuches stehen. Diese Zusammenstellung des Materials ist historisch gewachsen; sie zeigt die Vorgehensweise der Freisinger Bischofskanzlei bei der Anlage des Zensualen-Traditionsbuches für das Domkapitel (Noticia censualium mancipiorum specialiter ad oblationem fratrum pertinentium), das gegen Ende des 12. Jahrhunderts entstand. Bei diesem Schreibprozess wurden die auf Zetteln und Einzelblättern im Archiv aufbewahrten Traditionen neu geordnet und deren zentrale Aussagen dann in das Registerbuch übertragen. Die Doppelblätter des Kopialbuches wurden so beschrieben, dass ein breiter Rand am Seitenende für Marginalien frei blieb. Dieser Raum wurde durch spätere Ergänzungen von Personennamen gefüllt, welche meistens einen Bezug zum Haupttext haben.

Die Einzeldokumente – Zweitausfertigungen von Traditionsurkunden, Notizen und Protokolle – verblieben in der bischöflichen Kanzlei und wurden offenbar gemeinsam mit dem Registerbuch aufbewahrt. Dieser äußere und innere Zusammenhang zwischen den Einzeldokumenten und dem Zensualen-Traditionsbuch wurde von den neuzeitlichen Archivaren und Buchbindern erkannt. Das hatte dann zur Folge, dass die Einzelblätter dem Codex beigebunden wurden. Es handelt sich bei diesen Einzelblättern allerdings nur um einen kleinen Teil einer umfangreichen Sammlung. Sie wurde spätestens bei der Neubindung der Freisinger Amtsbücher im 19. Jahrhundert aufgelöst. Die Art der Auswahl der Einzelblätter, welche mit dem Zensualen-Traditionsbuch des Domkapitels zu einem Codex vereint wurden, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden (vgl. auch die Beschreibung der Handschrift).

2. Projektbeschreibung

Für die Digitalisierung und der erstmaligen Bereitstellung in der Bayerischen Landesbibliothek Online (BLO) im Rahmen des Projekts Freisinger Handschriften (Traditionsbücher, Kopialbücher, Urbare und Rechnungsbücher) musste der Codex Hochstift Freising Archiv 4 wegen des uneinheitlichen Materials, insbesondere der kleinformatigen Pergamentzettel, aufgebunden werden. Auf diese Weise konnte der Codex vollständig gescannt und eine optimale Bildqualität der Seiten erzielt werden.

Das Projekt "Freisinger Handschriften" hat zum Ziel, die Blätterversionen der Codices digital neu zu erschließen. Die Zusammenarbeit mit dem Team der BLO ermöglichte es, die Erschließung des Zensualen-Traditionsbuches in Form eines digitalen Editionsprojekts durchzuführen und hierbei vor allem die Ortsdatenbank von bavarikon mit den weiteren vernetzten Angeboten von bavarikon zu nutzen. Grundsätzlich handelt es sich bei dem Projekt „Freisinger Handschriften“ um ein Unternehmen, das die interregionalen Wirtschaftsverflechtungen und die Kanzleitätigkeit der Freisinger Bischöfe sichtbar machen soll. Denn in den Freisinger Amtsbüchern wurden die Rechtsgeschäfte und Amtshandlungen der Freisinger Bischöfe von den Anfängen im Frühmittelalter bis zur Neuzeit festgehalten.

3. Die Edition

Die Uneinheitlichkeit der überlieferten Materialien der Handschrift Hochstift Freising Archiv 4 erforderte eine genaue Analyse der verschiedenartigen Dokumente, um deren Zusammenhang zu erkennen. Entgegen der Vorgehensweise früherer Editionen, so zuletzt von Theodor Bitterauf, wurde keine chronologische Umordnung der Texte nach deren vorhandenen oder möglichen Datierungen vorgenommen, sondern entsprechend der Foliierung ediert, um die Originalität des Werkes in der Edition klar darzustellen. Die Anordnung der Dokumente in der Edition nach den Folioangaben des Codex ist als Orientierungshilfe zu verstehen; denn nur für den im Codex überlieferten Teil des Zensualen-Traditionsbuchs folgt die Foliierung der inneren Ordnung der Texte. Nahezu alle weiteren Texte des Codex stehen im Kontext zum Traditionsbuch des Freisinger Domkapitels, das die zentrale Mitte bildet. Das Traditionsbuch des Freisinger Domkapitels stellt den "Basistext" dar, der durch Nachträge und Randnotizen der Kanzlei später ergänzt und erweitert wurde.

Für das Verständnis des im Codex Hochstift Freising Archiv 4 dokumentierten Freisinger Wirtschaftssystems - der Registrierung von Jahreseinnahmen und Arbeitskräften - ist das Traditionsbuch ebenfalls die zentrale Quelle, der die Dokumente der Einzelblätter zuzuordnen sind. Um diese Struktur den Benutzern zu erschließen, wurden in der hier vorliegenden digitalen Edition die kohärenten Textgruppen des Codex nach der unterschiedlichen Praxis ihrer Verschriftlichung gesondert und als drei separate Teile ediert: das Zensualen-Traditionsbuch als "Basistext", "Marginalien" als eigener, in sich geschlossener Teil, "Nachträge und Einbindungen" ebenfalls als ein eigener Teil von Dokumenten. Der Zusammenhang zwischen dem Basistext und den Marginalien wird durch Verlinkung der Seiten ermöglicht und bleibt auf diese Weise optimal gewahrt.

Der Teil "Nachträge und Einbindungen" gibt Einblick in die Überlieferung von Einzeldokumenten. Er ist insofern fragmentarisch, als die Blätter und Zettel einer größeren Sammlung von Einzeldokumenten entnommen wurden, die sich im Mittelalter vermutlich in einem Kasten des Archivs des Hochstifts Freising befand. Hierzu gehören nicht die Einzelblätter aus dem Tauschbuch des Hochstifts, die neuzeitliche Benutzer aufgrund ihres prägnanten Inhalts aus dem Tauschbuch entfernt haben dürften. Es war sinnvoll, die Dokumente dieses Teils der Handschrift einzeln zu edieren mit Angaben zur äußeren Form und zum Inhalt der Stücke und dabei für die Reihung der Dokumente die Foliierung zu übernehmen.

Die Texte sind für jeden Teil einzeln nummeriert und auch so zu zitieren. Der Evangelientext auf dem Vorsatzblatt ist ein Textfragment aus dem Johannesevangelium.

Zitierbeispiele:

  • Liber…censualium: Digitale Edition – Evangelientext
  • Liber…censualium: Digitale Edition – Basistext, 1. Text
  • Liber…censualium: Digitale Edition – Marginalien, 1. Marginalie
  • Liber…censualium: Digitale Edition – Nachträge und Einbindungen, 1. Text

Bei der Transkription der Texte wurden die allgemeinen Transkriptionsregeln angewandt. Eigennamen wurden wortgetreu übernommen. Eine Ausnahme macht die Silbe Liv- die zu  Liu- aufgelöst wurde, also Liutpolt (nicht Livtpolt). Wortakzente konnten gelegentlich satztechnisch nicht direkt über den jeweiligen Buchstaben gesetzt werden, was aber die Lesbarkeit und Identifizierung des Wortes nicht beeinträchtigt. – Die Satzgliederung folgt meist dem Original, um die sozialen Verbindungen der Personen – Familien und Arbeitsgruppen an verschiedenen Orten – deutlich zu machen. Abkürzungen von Personennamen wurden nach den Angaben bei Bitterauf aufgelöst und als solche vermerkt.

Auffällig ist die große Anzahl von Personennamen in Verbindung mit Ortsnamen. Diese Kombination stellt in den wenigeren Fällen eine Benennung von Personen des niederen Adels oder von Ministerialen dar. Meistens dient die Verortung der Personen ihrer Identifizierung als Arbeitskräfte an dem genannten Ort. Auch wurde zugleich indiziert, dass mit der Person an dem genannten Ort eine Jahreseinnahme zu erwarten war: der Jahreszins zu fünf, drei oder weniger Pfennig. Daher wurden in der Edition die Verbindungen von Personen- und Ortsnamen für jeden Text gesondert zusammengestellt. Die genannten Ortsnamen in Bayern sind unter Zuhilfenahme des Registers der Edition von Theodor Bitterauf, Die Traditionen des Hochstifts Freising, Band 2, München 1909, sowie nach modernen Kriterien und der Zuordnung zur modernen Verwaltungsgliederung nach der Gebietsreform von 1972 identifiziert und mit der Ortsdatenbank von bavarikon verlinkt. Über dieses Portal erhält der Benutzer die aktuellen Daten zu den in der Edition genannten Orten. Er hat hierüber ferner Zugang zu den weiteren Angeboten von bavarikon mit konkreter Literatursuche und zu Kartenmaterialien.

Die digitale Edition des Zensualen-Traditionsbuches bietet also den Benutzern eine Edition der Texte des Codex nach der klassischen Methode und eine Vernetzung mit der Blätterversion des Originals; ebenso ist auf die letzte Edition der Texte durch Theodor Bitterauf verlinkt. Einen großer Gewinn stellt jedoch der Zugriff auf die Ortsdatenbank von bavarikon dar, mit deren Hilfe die aktuellen Daten der Gegenwart für alle im Codex Hochstift Freising Archiv 4 genannten mittelalterlichen bayerischen Orte eingeblendet werden können.

Das Konzept dieser digitalen Edition wurde von Adelheid Krah entwickelt und technisch unter der Leitung von Stefan Kellner (†) im Rahmen der Kooperation des IOeG mit der BSB/BLO umgesetzt. Beteiligt an der Umsetzung waren Friedrich Ulf Röhrer-Ertl (BSB) und in den Anfängen Julia Langmeier (IOeG) und Hans Hummer (Wayne State University USA).

Adelheid Krah (IÖG, Universität Wien)

Zitierhinweis

Adelheid Krah: Liber censualium (1187) (Hochstift Freising Archiv 4), Digitale Edition, in: Freisinger Amtsbücher; URL: https://freisingeramtsbuecher.bavarikon.de/Handschriften/Liber censualium des Freisinger Domkapitels - Einleitung (17. Mai 2024).

1. Materials

The Codex Hochstift Freising Archiv 4 contains different groups of documents, all of which are connected to the compilation of a cartulary (Registerbuch). This collocation of materials is ripe for historical analysis: it shows the strategy of the Freising episcopal chancery when the Zensualen-Traditionsbuch (Liber censualium mancipiorum specialiter ad oblationem fratrum pertinentium) was assembled for the cathedral chapter toward the end of the twelfth century. During the writing process the transactions, which were preserved on slips or single leaves, were reordered and their central statements then transferred into the cartulary. The double leaves of the Kopialbuch were written so that a broad border at the bottom of the pages remained free for marginalia. This margin was subsequently filled with the addition of personal names which mostly are related to the main text.

The individual documents – second issuances of donation charters, notices, and protocols – remained in the episcopal chancellery and were manifestly preserved together with the cartulary. This outer and inner relationship between the individual documents and the Zensualen-Traditionsbuch was recognized by archivists and book binders of the modern era, who bound the single pages with the codex. These single pages however represent only a fraction of a more extensive collection, which was broken up when the Freising administrative books were rebound in the nineteenth century. The manner of the selection of the single leaves, which were merged with the Zensualen-Traditionsbuch of the cathedral chapter to create a codex, can no longer today be reconstructed (cf. the "Description of the Manuscript").

2. Description of the Project

In order to digitalize Codex Hochstift Freising Archiv 4 and prepare it for a first-time presentation on the portal of the Bayerische Landesbibliothek Online (BLO) as a part of the project "Freising Manuscripts" (cartularies [Traditionsbücher and Kopialbücher], manorial records, and account books), the codex – because of the irregularity of its materials, especially the small slips of parchment – had to be unbound. In this way the entire codex was able to be scanned and optimal images of the pages achieved.

The project "Freising Manuscripts" aims to make the original manuscripts digitally accessible. Cooperative work with the team of the BLO made it possible to complete a digital edition of the Zensualen-Traditionsbuch and to use the portal of the bavarikon's data base of place names along with its wider network of digital resources. At its most basic, the project "Freising Manuscripts" represents an enterprise which ought to make perceptible the intertwining of the interregional economy and the operation of the diocesan chancellery. For the Freising administrative books offer a record of the legal preoccupations and administrative activities of the Freising bishops from their beginnings in the early middle ages up to the modern era.

3. The Edition

The irregularity of the material handed down in the manuscript Hochstift Freising Archiv 4 required a precise analysis of diverse documents in order to establish their context. By contrast with the approach of earlier editions, most recently by Theodor Bitterauf, the documents were not reordered chronologically according to their given or estimated dating, rather they were edited according to their foliation to represent faithfully the original manuscript. The arrangement of the documents in the edition according to their folios is to be understood as helpful orientation, for the foliation of the inner order of the documents is given only for the portion of the Zensualen-Traditionsbuch, the Notitia censualium mancipiorum specialiter ad oblationem fratrum pertinentium, which is handed down in the codex. Almost all of the other documents of the codex are connected with the Zensualen-Traditionsbuch, which forms the main source. It constitutes the basic text, which was complemented and enlarged with supplements and marginal notes. The Zensualen-Traditionsbuch is the main source of single-page documents for understanding the Freising economic system – i.e. the registration of annual incomes and labor – which is documented in Codex Hochstift Freising Archiv 4. In order to make the structure of the documents accessible to users, coherent groups of texts from the codex were sorted in the present digital edition according to the different methods of their composition and edited in three separate parts: the Zensualen-Traditionsbuch as the "base text", "Marginalia" as its own self-contained section, and then "Additions and Supplements" as a third, distinct section of documents. The relationship between the basic text and the marginalia is facilitated by site links and in this way remains optimally preserved. The section "Additions and Supplements" provides a glimpse into the transmission of individual documents. It is fragmentary in that the pages and notes were culled from a greater collection of single documents, which during the middle ages probably was found in a chest among the archives of the Freising diocese. Here do not belong the single documents from the diocese's Book of Exchanges (Tauschbuch), which users of the modern period might have removed from the Book of Exchanges on the basis of their content. It made sense to edit the documents of this part of the manuscript individually with the details of their external form and the content of the pieces, and to adopt the foliation of the manuscript for the sequence of the documents. The texts are individually numbered for each section and so cited. The Bible text on the cover page is a passage from the Gospel of John.

Examples of citing:

  • Liber…censualium: Digital Edition – Gospel text
  • Liber…censualium: Digital Edition – Base text, 1. Text
  • Liber…censualium: Digital Edition – Marginalia, 1. Marginalia
  • Liber…censualium: Digital Edition – Additions and Supplements, 1. Text

The general rules of transcription were followed when the texts were transcribed. Personal names were adopted literally. One exception is the syllable Liv-, which was reproduced as Liu -, therefore Liutpolt rather than Livpolt. Occasionally, accent marks were not able to be typed directly over their respective letters, which however does not affect the legibility or identification of the word. The sentence structure mostly follows the original in order to make clear the social connections of persons, families and laboring groups to different localities. Abbreviations of personal names were rendered according to Bitterauf's conventions and are noted as such.

Conspicuous is the great number of personal names connected to place names. This combination represents in a few instances the naming of persons of the lower aristocracy or from the ministerials. Mostly the attachment of persons to places serves to identify laborers at the named location. The naming clause simultaneously conveyed estimates of the annual income expected from the person at the designated location: the yearly dues of five, three or fewer pennies. Hence in the edition the connections of persons to place names were assorted for each text. The named localities in Bavaria have been identified with the aid of the register to Theodor Bitterauf's edition, Die Traditionen des Hochstifts Freising, vol. 2 (München 1909), rendered as their modern cognate, located within the modern administrative units of the territorial reform of 1972, and linked to the BLO's data base of places. Through this portal users can obtain current data on the localities named in the edition. Moreover, they will have access to the wider offerings of bavarikon, including more concrete searches of the scholarly literature and access to cartographic materials. The digital edition of the Zensualen-Traditionsbuch therefore offers users an edition of the codex Hochstift Freising Archiv 4 according to classical critical methods as well as cross-links to the pages of the original manuscript. In addition, the edition is linked to the most recent critical edition of the text by Theodor Bitterauf. Access to the BLO's data base of localities offers the great advantage that current and contemporary data for all medieval Bavarian localities named in the Codex Hochstift Freising Archiv 4 can be integrated. The concept of this edition was developed in cooperation with the IOeG and the BSB/BLO and jointly implemented. Participants were Sascha Bauer, Friedrich Ulf Röhrer-Ertl and Florian Sepp (BSB), Adelheid Krah and Julia Langmeier (IOeG and Department of History, University of Vienna A), and Hans Hummer (Wayne State University USA).

Adelheid Krah (IOeG, University of Vienna)
Translated by Hans Hummer (Wayne State University)

Cite reference

Adelheid Krah: Liber censualium (1187) (Hochstift Freising Archiv 4), digital edition, in: Freisinger Amtsbücher; URL: https://freisingeramtsbuecher.bavarikon.de/Handschriften/Liber censualium des Freisinger Domkapitels - Einleitung (17. Mai 2024).