Codex commutationum
SignaturSignature | BayHStA Hochstift Freising Archiv 2 (alte Signatur: HL Freising 3b) |
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DatierungDate | 819-1039 |
OrtPlace | Freising |
DigitalisatDigital copy | bavarikon BSB |
Der Codex commutationum im Bayerischen Hauptstaatsarchiv ist nach der Handschrift des Cozroh das älteste Freisinger Amtsbuch. Es umfasst 305 folia und enthält vorwiegend Einträge über Tauschgeschäfte aus der Zeit zwischen 819 und 1039. Angelegt wurde der Codex um die Mitte des 11. Jahrhunderts. Die Faszikel wurden neuzeitlich mit anderen Materialien älterer Kopialbücher und einigen Originalurkunden/Authentica gebunden. Auf zunächst unbeschriebenem Material dieser Faszikel finden sich aber auch Nachträge, so etwa kopiale Urkundentexte der Bischöfe Otto I. (1138-1158) und Otto II. (1184-1220).
Die Tauschgeschäfte wurden von den Freisinger Bischöfen vor allem deshalb abgeschlossen, um den Besitz des Bistums zu vergrößern und zu arrondieren.
Vermutlich lagen im 11. Jahrhundert die Originaldokumente nach den Amtszeiten der Bischöfe von Hitto/Erchanbert bis Egilbert geordnet im Domarchiv, das sich in der Sakristei befand (J. Wild, A. Krah), und wurden zusätzlich als Zweitschriften in den Tauschbüchern der einzelnen Bischöfe erfasst und gesichert. Diese dienten wiederum als Faszikel für ein größeres Kopialbuch, das mit 30, zum Teil nur noch fragmentarisch vorhandenen Lagen den heutigen Codex bildet.
Beschreibung der Handschrift
Die Handschrift ist uneinheitlich und enthält die einzelnen Tauschbücher der Freisinger Bischöfe von Hitto (810/11-834/35) bis Meginward (1078-1098) sowie mehrere eingebundene Authentica und eine Sammlung von Originaldokumenten im Anhang. Die Foliierung und Anordnung der einzelnen Kompendien wurde neuzeitlich erstellt, sie folgt aber der chronologischen Reihung der einzelnen Tauschbücher der Freisinger Bischöfe. Dem vorgebunden wurde das vierteilige Konvolut der kopial erfassten Tauschgeschäfte des Domkapitels (fol. 1-19r), das um die Wende des 11. zum 12. Jahrhundert entstanden ist. Dem schließt sich ein gleichmäßig geschriebenes Kopialbuch der Tauschgeschäfte von Bischof Hitto (810/11-834/35) bis Waldo (883-903) in mehreren Faszikeln an, welches mit insgesamt 16 Lagen von fol. 20 bis 147 zum Kern der Handschrift gehört. Dieser Teil wurde bis fol. 82 von einer Hand des 11. Jahrhunderts geschrieben, anschließend von diversen Schreibern fortgesetzt, teilweise in einem Cozroh imitierenden Stil.
Im zweiten Teil des Codex findet sich auf fol. 148 bis 189 ein heute unvollständiges Kompendium der Tauschgeschäfte Bischof Abrahams (957-994) mit den Lagenkustoden 17 bis 23. Die paläographisch älteste Quaternio dieses Codex (fol. 190-197) beinhaltet eine Gerichtsentscheidung und Traditionen/Schenkungsurkunden aus der Zeit Bischof Erchanberts (836-854) mit zwei aus der Amtszeit von Bischof Anno (855-875). Sie gehörte ursprünglich nicht zu den Faszikeln der Tauschbücher und daher auch nicht zum Codex Commutationum, sondern zum dritten Teil der Handschrift des Cozroh (Hochstift Freising Archiv 1). Da aber in diesem Kompendium zwei Traditionen der frühen Jahre der Amtszeit von Bischof Anno von jeweils verschiedener Hand eingetragen sind, spiegelt dieses im Codex commutationum nun eingebundene Kompendium sehr schön die Übergangszeit von der Schenkungspraxis zum Tauschgeschäft in der geistlichen Grundherrschaft des Bistums wider.
Auf fol. 198 bis 293 sind höchst unterschiedliche Dokumente von Tauschgeschäften mit nicht fortlaufender Lagenzählung verschriftlicht. Hier bilden auf fol. 265 bis 293v die Tauschgeschäfte Bischof Egilberts (1006-1039) ein zusammenhängendes Kompendium, welches als Tauschbuch dieses Bischofs in der Freisinger Kanzlei geschrieben und in dieser Form auch aufbewahrt worden war.
Unter den folgenden, als Konvolut eingebundenen Authentica ist besonders auf den um 1070 protokollierten, berühmten Ehevertrag des Freisinger Domvogts Adalbert mit seiner Gemahlin Berta hinzuweisen, den damals 85 namentlich genannte Vertreter des bayerischen Adels und der Ministerialenschicht bezeugt haben (fol. 304-305, ed. TF 2, Nr. 1469, S. 319; vgl. A. Krah, Chancen einer Gleichstellung im Frühmittelalter?, S. 77). Dieses Protokoll ist Teil eines Kompendiums von zwei Doppelblättern, auf denen Rechtsgeschäfte aus der Amtszeit von Bischof Meginward (1078-1098) überliefert sind (fol. 302-305).
Forschungsstand
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Anlage von Tauschbüchern mit der Zunahme der Tauschverträge ab der Amtszeit von Bischof Anno (855-875) einsetzt, somit ab der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts, als die Kultivierung des geistlichen Grundbesitzes und vor allem die Zahl der Priester auf dem Lande rapide anstieg. Nicht selten vermachte aber bereits während der Amtszeit Ludwigs des Deutschen als Unterkönig in Bayern ein Priester ertauschten Besitz letztlich dem Bistum. Das älteste Dokument einer solchen Priesterurkunde ist vom Jahr 813 und reicht sogar in die Zeit Karls des Großen und Bischof Hittos (810/11-834/35) zurück (vgl. Cozroh-Codex fol. 244v-245, TF 399b); ferner existiert noch die Notiz eines Kauf-Tausch-Geschäfts vom 19. II. 815 (Cozroh-Codex fol. 212v, TF 332). Offensichtlich waren Tauschgeschäfte in frühkarolingischer Zeit jedoch nur den höchsten Amtsträgern möglich gewesen, was eine Notitia über ein solches von Bischof Atto (783-811) beweist (Cozroh-Codex fol. 151v, TF 116).
Die Beschreibung des sehr komplexen Materials erfolgte zuletzt durch Theodor Bitterauf (Die Traditionen des Hochstifts Freising 1, München 1905, S. XXV-XXXIII). Eine detaillierte Neubeschreibung dieser Handschrift und die Erfassung der gesamten Authentica befindet sich in Vorbereitung.
Literatur
- Joachim Wild, Zur Geschichte der Archive von Hochstift und Domkapitel Freising, in: Sammelblatt des Historischen Vereins Freising 32 (1990), S. 115-128.
- Adelheid Krah, Das Archiv als Schatzhaus? Zur Aufbewahrung von Verwaltungsschriftgut im frühen Mittelalter, in: Francia 43 (2016), S. 1-20.
- Dies., Fragen und Probleme frühmittelalterlicher Archivpraxis, in: Archivalische Zeitschrift 95 (2018), S. 191-210. (pdf)
- Irmgard Fees, Philippe Depreux (Hg.), Tauschgeschäft und Tauschurkunde vom 8. bis zum 12. Jahrhundert / L'acte d'échange, du VIIIe au XIIe siècle, Köln u. a. 2013.
Adelheid Krah (IÖG, Universität Wien)
Zitierhinweis
Adelheid Krah: Codex commutationum (Hochstift Freising Archiv 2), Digitale Edition, in: Freisinger Amtsbücher; URL: https://freisingeramtsbuecher.bavarikon.de/Handschriften/Codex commutationum (26. April 2025).
The Codex Commutationum today consists of Kopialbücher of different eras and formats, which contain the exchanges of the bishops of the cathedral church of Freising, from Hitto (811-836) and especially Erchanbert (836-854) up to Egilbert (1006-1039). Around the middle of the ninth century this form of property conveyance by exchange largely displaced at Freising the noble donating practices. The exchanges were concluded by the Freising bishops above all to enlarge and consolidate the property of the bishopric. Presumably in the eleventh century the original documents relating to the tenures of the bishops Hitto/Erchanbert up to Egilbert lay ordered in the episcopal archive, which was located in the sacristy (J. Wild), and were included and protected additionally as duplicates in the exchange books of individual bishops. These served in turn as the copies for the production of a greater Kopialbuch, which forms with 30 extant, partly fragmentary quaternions the core of today's codex.
The manuscript is irregular and contains some Authentica (original documents) bound within; the foliation and order of the text are from the modern era. It begins with a four-part convolute, which arose around the turn from the eleventh to the twelfth century and contains exchanges made for the benefit of the cathedral chapter (fol. 1-19). Attached to this convolute was an evenly written Kopialbuch of exchanges from Bishop Hitto to Waldo (883-903), which belongs - with 16 quaternions total, from fol. 20 to 147 - to the core of the text. This part, up to fol. 82, was written by a hand of the eleventh century, and was subsequently continued by diverse hands, partly in a style imitating Cozroh.
In the second part of the codex is found from fol. 148 up to 189 a now incomplete compendium of the exchanges of Bishop Abraham (957-994), which are indexed as quaternions 17 through 23. The oldest quaternion palaeographically (fol. 190-197) contains a court decision and property conveyances from the time of Bishop Erchanbert. It belonged originally not to the Codex Commutationum but to the third part of Cozroh's manuscript (Hochstift Freising Archiv 1).
Folios 198 to 293 are characterized by highly varied documents of exchanges and a discontinuous numbering of quaternions. The exchanges of Bishop Egilbert, which run from fol. 265 to 293v, form a coherent complex of charters. Among the subsequent Authentica, the famous marriage contract of Freising's advocate Adalbert with his spouse Bertha stands out. This charter, recorded around 1070, was witnessed by 85 named representatives of the Bavarian aristocracy and the ministerial class (fol. 304-305, edition TF 2, no. 1469, p. 319; cf. A. Krah, 'Chancen einer Gleichstellung im Frühmittelalter?' p. 77).
An examination of these complex materials was made last by Theodor Bitterauf (Die Traditionen des Hochstifts Freising 1, München 1905, S. XXV-XXXI). A new, detailed examination of the manuscript and the recording of the Authentica is now in preparation.
Adelheid Krah (IÖG, Universität Wien)
Translated by Hans Hummer (Wayne State University)
Cite reference
Adelheid Krah: Codex commutationum (Hochstift Freising Archiv 2), digital edition, in: Freisinger Amtsbücher; URL: https://freisingeramtsbuecher.bavarikon.de/Handschriften/Codex commutationum (26. April 2025).